Datong – Gleichheit und Harmonie
In Datong leben drei Millionen Menschen. Als ich an einem Samstagabend im Sommer zum ersten Mal in der Altstadt von Datong unterwegs war, hatte ich den Eindruck, dass jeder einzelne von ihnen an dem Abend auch da war. Himmel und Menschen waren unterwegs. Offenbar Touristen, aber mehrheitlich einheimische Touristen. Erst am zweiten Tag meines Besuches habe ich ein anderes europäisches Gesicht gesehen.


Datong ist berühmt für seinen Essig, weshalb dieser in den meisten Läden verkauft wird. Aber nicht nur einfach Essig, sondern auch alle möglichen Lebensmittel, in denen Essig drin ist. Essig-Eiscreme und Essig-Cola fand ich wider Erwarten ganz köstlich.
Die Altstadt von Datong mit der schönen dicken Stadtmauer ist die Hauptattraktion von Datong. Das Verrückte daran ist, dass bis auf sehr wenige Gebäude alles nachgebaut ist. Ein paar Häuser sind wohl renoviert und ein Teil des Huayan Tempels ist noch Original, aber man hat hier in einer ungeheuerlichen Fleißarbeit die gesamte Altstadt von 3,4 Quadratkilometern vollständig wieder aufgebaut, inklusive der eindrucksvollen Stadtmauer mit allen Toren und Türmen. Es ist wunderschön und sauber, und nahezu perfekt. An jeder Ecke gibt es öffentliche Toiletten und überall was zu knabbern und zu trinken.


Aber so ein klein wenig wirkt die Altstadt, als habe man sie komplett neu gebaut. Woher das bloß kommt? Trotzdem ist Datong wunderschön. Da gibt es nichts zu meckern.
Außerhalb liegen zwei weitere wichtige Attraktionen: das hängende Kloster und die Yungang Grotten.


Das hängende Kloster macht seinem Namen alle Ehre, denn es hängt auf halber Höhe an einer fast senkrechten Felswand, ähnlich wie das Tigernest. Ich musste über eine Stunde Schlange stehen, um es mir anschauen zu dürfen. Aber das war es wert. Immerhin ist die Schlange so arrangiert, dass man die ganze Wartezeit damit verbringen kann, das Kloster schon mal von unten zu bewundern.
Die Yungang-Grotten liegen nicht weit von Datong entfernt und sind ein weiteres Weltwunder, von dem die wenigsten Menschen in Europa je gehört haben. Dieses China ist so riesig, dass in der schieren Masse von Sehenswertem vieles hinter der verbotenen Stadt in Peking und der Terrakotta-Armee in Xian verborgen bleibt.


Bei den Yungang-Grotten handelt es sich um ein Ensemble von über 50 menschgemachten Höhlen, in denen sich tausende Buddhastatuen befinden. Die größte ist 17 Meter hoch, die kleinste nur etwa zwei Zentimeter. Alle Statuen sind in den natürlichen Sandstein hinein gemeißelt oder besser gesagt wurden die Höhlen um die Statuen aus dem Stein heraus gemeißelt. Was für eine Wahnsinnsleistung, bedenkt man, dass dies vor etwa 1500 Jahren geschah. Viele Figuren sind stark verwittert, andere sind bis heute in einem großartigen Zustand, teils noch mit den Originalfarben.
Rund um die Grotten ist alles auf sehr chinesische, also effiziente und moderne, Weise organisiert. 30.000 Menschen können sich die Wunder gemeinsam ansehen, beinahe ohne sich dabei in die Quere zu kommen. Beinahe. Wer Angst vor Menschenansammlungen hat, sollte sich das Erlebnis ersparen.
Ich bin wieder einmal fasziniert, was es in China noch alles zu entdecken gibt. Datong mag ein Geheimtipp sein, aber ich kann jedem nur empfehlen, einmal über eine Reise hierher nachzudenken.
Eure Beatrice!






