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Der Vatikan – Reichtümer und Menschenschlangen

Der Vatikan – Ausflug in einen Anachronismus

Wer eine Reise nach Rom unternimmt, kann dabei immer gleich zwei Länder auf einmal besuchen: Italien und den Vatikanstaat. Das habe ich am ersten Maiwochenede nun schon zum dritten Mal getan und irgendwie wird es nicht langweilig, den sagenumwobenen, anachronistischen, merkwürdigen, faszinierenden, stinkreichen, patriarchalischen, hochverehrten und ebenso stark kritisierten Staat im Staat zu besuchen.

Wer mich ein wenig kennt, weiß, dass ich kein Fan der katholischen (oder irgendeiner anderen) Kirche bin. Ganz im Gegenteil. Trotzdem freue ich mich auf den Besuch in den vatikanischen Museen und auch auf den Abstecher in den Petersdom. Denn ebenso groß wie meine Abneigung gegen jede Art von Religion ist meine Verehrung und Bewunderng für Kunst. Und in den Museen des Vatikans gibt es davon jede Menge. Viel zu viel im Grunde. Man bräuchte Schätzungen zufolge drei Tage, um sich alle Schätze anzuschauen.

Da ich mich nicht in die geradezu lächerlich lange Schlange am Museum vor dem Vatikan einreihen wollte, hatte ich schon im Voraus eine Führung gebucht. Man hat dann zwar nicht so viel Zeit, wie man eigentlich damit verbringen will, sich die einzelnen Bilder und Skulpturen anzuschauen, aber man hat jemanden, der ein paar nette Anekdoten zu den verschiedenen Künstlern, Epochen und Werken zum Besten gibt und man kommt am Ende ohne Umwege in der Sixtinischen Kapelle an. Dort stehen dann Hunderte von Leuten und starren an die Decke. Vier uniformierte Herren versuchen dafür zu sorgen, dass all diese schnatternden Touristen aus aller Herren Länder für ein paar Minuten die Klappe halten. Das geht gründlich schief. Auch das Fotografierverbot wird nur von etwa der Hälfte der Anwesenden eingehalten.

Auch dieses Mal entdecke ich wieder ein paar neue Motive, die ich vorher nicht wahrgenommen hatte. Mag daran liegen, dass mein letzter Besuch im Vatikan sieben Jahre her ist. Es ist außerdem unmöglich, sich alle Figuren und Bilder anzuschauen. Unglaublich. Und dann noch die Vorstellung, dass Michelangelo die gesamte Decke quasi alleine bemalt hat. Als Fresko. Vier Jahre lang. Er soll auf dem Gerüst geschlafen und gegessen haben. Er muss ein ziemlich eigenbrötlerischer Geselle gewesen sein, aber malen konnte der junge Mann. Damals war er wirklich noch jung, etwa 33.

Die Arbeit an der Decke war ein voller Erfolg. Daher hat einer der nächsten Päpste einige Jahrzehnte später wieder bei Michelangelo angerufen, um ihn, der mittlerweile 60 war, zu bitten, auch die Wand hinter dem Aéat zu bemalen. Das tat er. In einem etwas anderen Stil. Er malte das jüngste Gerichtund dabei Dutzende nackte Männer. Dem Auftraggeber schien es zu gefallen. Es waren durchtrainierte, muskulöse, gutaussehende nackte Männer.

Aber einer der folgenden Päpste ließ sich von den neuen Moralvorstellungen einschüchtern, die vor allem von Martin Luther in Deutschland propagiert wurden und den Vatikan nicht gut dastehen ließen. Und so beging jemand im päpstlichen Auftrag das Sakrileg, die Nackten mit Tüchern zu versehen. Wie schade. In der Zeit wurden übrigens auch die meisten Skulpturen im Vatikan mit einem Feigenblatt an entscheidender Stelle versehen.

Ich hoffe, die Bilder gefallen euch. Vielleicht poste ich demnächst noch einen Artikel über den Petersdom… allergings geht nun die Sommerreisesaison. Mal sehen, ob ich die Zeit und Muse finde.

Eure Beatrice!

4 Comments

  • Kathrin P. sagt:

    Es ist schon ein bisschen dekadent, dass der Vatikan all diese Reichtümer hat und die Leute in den Ländern, die an ihn glauben, sind arm. Afrika zum Beispiel und andere Länder. Südamerika auch. Schlimm. Ich finde es gute Neuigkeiten, dass 2022 so viele Leute aus der Kirche ausgetreten sind. Das war heute in den Nachrichten. Wenn sie die Schätze im Vatikan verkaufen würden, könnte man den Hunger in der Welt mehrfach besiegen. Trotzdem danke für die EInblicke und ich kann verstehen, liebe Beatrice, dass dich die Kunst begeistert. Trotz allem ist Michelangelo und alle die anderen Künstler ja schließlich jemand, den man bewundern kann.

    • Beatrice Sonntag sagt:

      Da gebe ich dir recht. Ich bin sicherlich kein Fan der Kirche. Egal welcher. Trotzdem mag ich Kunst und besuche auf meinen Touren immer auch viele Gotteshäuser. Egal für welchen Gott.

  • Tristan sagt:

    Wow, die Vatikanischen Museen! Als jemand, der auch schon dort war, kann ich nur sagen: Spot on! Du hast wirklich das Feeling eingefangen. Deine Begeisterung für die kunstvollen Fresken in der Sixtinischen Kapelle und die atemberaubenden Skulpturen kommt richtig rüber und ich denke an meinen Besuch zurück. Ich habe allerdings echt ewig in der Schlange gestanden… hat sich trotzdem gelohnt.
    Mach weiter so mit deinen Posts, ich freue mich schon darauf, mehr von deinen Reiseabenteuern zu lesen!
    Bleib cool,
    Tristan

    • Beatrice Sonntag sagt:

      Hallo Tristan, Danke für deinen netten Kommentar. Wenn ich in ein paar Jahren wieder nach Rom fahre, werde ich sicher auch wieder in die vatikanischen Museen gehen. Das wird einfach nicht langweilig.
      Deine Beatrice!

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