London – eine Stadt voller Überraschungen
London ist auch beim vierten Besuch wieder eine Stadt voller Überraschungen. Die größte Überraschung war wohl diesmal die Wettervorhersage, die verkündete, dass es drei Tage AM STÜCK nicht regnen sollte. Ich war also ganz gespannt auf dieses meteorologische Phänomen, das in London so selten ist. Tatsächlich war von Freitag bis Sonntag mittag das Wetter trocken. Dann jedoch, kurz bevor ich schon wieder Richtung Flughafen unterwegs war, zeigte sich doch noch eine kleine Gewitterwolke und schickte einige Regentropfen zu mir herab. Es war zwar nur ein Alibi-Regen, aber immerhin. Mein Vorurteil, dass es in London IMMER regnet, wurde bestätigt.
In einem Hotel in Ilford wohne ich in einem Zimmer das etwa vier Klassen besser ist als das bei meinem letzten, vorletzten und vorvorletzten Aufenthalt in London. Zwar ist eine Hälfte des Bettes ungefähr so bequem wie ein Waschbrett, aber die andere Hälfte ist akzeptabel. Das WIFI funktioniert nicht, weil ich in einem Nachbarhaus des eigentlichen Hotels untergebracht bin, aber die Dusche, bei der man zwischen heiß und sehr heiß wählen kann, ist funktionstüchtig. Der Portier ist von Freitag nachmittag bis Sonntag mittag derselbe Kerl. Der Arme schiebt offenbar eine 72 Stunden Schicht. Erstaunlicherweise ist er an allen drei Tagen guter Laune. Vielleicht gehören stimmungsaufhellende Drogen zu seinem Arbeitsvertrag.
Diesmal habe ich mir die Tate Modern angesehen, die in einer alte Fabrikhalle am südlichen Themseufer untergebracht ist. Es gibt drei Stockwerke voller Kunst, die man kostenfrei bestaunen darf und dann noch eine Sonderausstellung, die Eintritt kostet. Im ersten Stockwerk gibt es einige echt tolle Bilder unter anderem von Dali und Picasso und von einem verrückten russischen Architektengespann namens Alexander Brodsky und Ilja Utkin. Ich bin begeistert. Im zweiten und dritten Stock komme ich in der Ausstellung deutlich schneller voran, weil hier auch sehr merkwürdige Dinge als Kunst bezeichnet werden. Jemand hat zum Beispiel aus weißem Papier ein Achteck ausgeschnitten und es an die Wand geklebt. Ein anderes Kunstwerk besteht aus einem Regal, in dem Wolle liegt. So etwas darf man wohl nur dann als Kunst bezeichnen, wenn man schon so berühmt ist, dass einem keiner mehr zu widersprechen wagt.
Moderne Kunst in London
Auf besonderen Wunsch hin besuche ich das Haus, in dem Freddie Mercury gelebt hat und gestorben ist. An der Wand, die mit Stacheldraht und Elektrozaun gesichert ist, hängen hunderte von kleinen Zetteln, die Freddie huldigen oder ihm zum Geburtstag gratulieren. Der Logan Place ist eine schmale unscheinbare Wohnstraße in der Nähe des Earls Court. Um die Ecke einige hundert Meter weiter gibt es einen sehr leckeren libanesischen Imbissstand, die Mutabel oder Baba Ganoush anbieten.
Der obligatorische Besuch auf dem Camden Lock Market erleichtert mich um einige Pfund. Erstens in dem Sinne, dass ich viele britische Pfund loswerde, indem ich mir T-shirts kaufe, auf denen zum Beispiel eine erhängte Hello Kitty zu sehen ist. Zweitens in dem Sinne, dass ich tatsächlich ziemlich genau 2,8 Kilogramm britische Pfund in kleinen Münzen bei mir habe. Diese habe ich geschenkt bekommen von jemandem, der früher als Pflastermalerin gearbeitet hat und über die Jahre hinweg 46 Pfund in Münzen zusammen getragen hat. Danke an dieser Stelle! Ich habe das Kleingeld gut investiert! Ein paar der älteren Münzen waren leider nicht mehr gültig. Allein schon der Blick der Verkäuferinnen und Verkäufer, wenn man ihnen eine Hand voll zwei Penny Münzen entgegenstreckt, um damit eine Dose Cola zu bezahlen. Es gibt übrigens in London eine Cola mit grünem Etikett, die weniger Kalorien hat als die mit dem roten Etikett. (Okay, mehr wären wohl auch kaum möglich…) Schmeckt garnicht schlecht.
2,8 Kilo britische Pfund unter die Leute bringen…
Den Sonntag verbringe ich im London Tower, den ich vorher noch nie von innen gesehen hatte. Es gibt eine eindrucksvolle Sammlung von Waffen und Rüstungen, die teils echt lustig aussehen. Wer denkt, dass Highheels unbequem sind, der sollte sich mal die goldverzierte Ganzkörperpanzerung von Georg III anschauen. Unglaublich! Man sollte damit bessr nicht dringend aufs Klo müssen.
Eindrucksvolle, wenn auch in meinen Augen etwas zu patriotisch aufgemacht, ist die Ausstellung der königlichen Kronjuwelen. In abgedunkelten Räumen stehen die Klunker in Vitrinen und werden angestrahlt. Die Besucher fahren auf Rollbändern an bunten glitzernden Kronen vorbei. Es gibt einen Krönungslöffel und einen Diamanten, der so groß und wertvoll ist, dass er sogar einen eigenen Namen hat. Obwohl es sich bei dem ganzen Prunk nur um einen kleinen Teil der tatsächlichen Schätze des britischen Königshaus handelt, bin ich am Ende der Ausstellung ein wenig beeindruckt. Was mich wundert ist die „donation-box“, die vor dem Ausgang aufgestellt ist. Wieso sollte ich jemandem, der mir gerade seinen unermesslichen Reichtümer unter die Nase gehalten hat ein paar Pennies spenden? Ich beschließe, dass der Eintrittspreis von fast 22 Pfund ausreichen muss.
Eine milde Spende für die Besitzer der Kronjuwelen!
An einem Sonntag kann man manchmal vor dem Tower am Themseufer eine Gruppe von Verrückten beobachten, die im Sand und Geröll der Themse nach Schätzen graben und suchen. Etwa hundert Personen wühlen mit Handschuhen und in Gummistiefeln in den Steinchen am Ufer. Einige Mitglieder dieses eigenartigen Vereins präsentieren stolz die Fundstücke auf Tapeziertischen. Darunter sind alte Schuhe, Münzen, Broschen, Teile von Keramik, Schlüsselring und vieles mehr.
Sicher bleibt auch für einen weiteren Besuch in London noch viel übrig. Für dieses Mal muss ich mich aber verabschieden und nehme einige schöne Erinnerungen mit nach Hause.
Eure Beatrice!