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London Whitechapel – Auf den Spuren von Jack the Ripper

London – Heimat des ersten Serienmörders

London ist riesig und vielseitig. Ich verbringe fast jedes Jahr ein Wochenende oder auch mal zwei in London und habe stets den Eindruck, dass ich immer wieder neue Stadtteile entdecke. Natürlich liebe ich Camden mit seinen lebendigen Märkten, dem Streetfood und den bunten Häusern. Aber auch Soho hat seinen Reiz mit seinen traditionellen Bars und einer Arcade, die dieses fantastische japanische Trommel-Spiel hat, das ich so liebe.

Diesmal stand auf meiner Liste eine Führung durch die Gegend, in der Jack the Ripper sein Unwesen getrieben hat. Der Guide stellte mehrfach die Frage, warum alle die Geschichte von Jack the Ripper so faszinierend finden und keiner hatte wirklich eine Antwort darauf. Liegt es daran, dass die Morde nie aufgeklärt wurden? Daran, dass er einer oder vielleicht sogar DER erste Serienkiller war? Neuerdings werden blutigere Morde begangen, aber diese fünffache Mordreihe hat tausende Fans.

Die Tour führt durch den Stadtteil Whitechapel, der heute ein hippes Viertel ist. Ein riesiger Streetfood-Markt, viele Graffitis, exotische Restaurants und der Charme von Backsteinbauten aus dem 19. Jahrhundert. Vielleicht buche ich nächstes Mal hier ein Zimmer. Verhungern würde man da auf keinen Fall.

Die Führung beginnt vor einem Pub, in dem einige der Opfer erwiesenermaßen Gäste waren. Whitechapel war damals eine Art Slum. Dreckig, ohne Straßenbeleuchtung, eine Lebenserwartung von 28 Jahren und viele Kinder, die ihr fünftes Lebensjahr nicht erreichten. Es gab diese Lodging Houses. Das ist so eine Art Hotel, allerdings schliefen die Menschen nicht in Zimmern oder Betten, sondern in Holzkisten, die dicht an dicht in einer großen Halle aneinandergereiht waren. Eher wie Särge als wie Betten. Wer sich die vier Pence für ein solches Nachtlager nicht leisten konnte, zahlte zwei Pence und durfte sich dafür an ein hüfthohes Seil hängen. Kopfüber. Das hatte den Vorteil, dass man, wenn man betrunken war, nicht im Schlaf an seinem Erbrochenen ersticken konnte. Wenn man müde genug ist, besteht vielleicht tatsächlich die Möglichkeit, dass man über einem Seil hängend schlafen kann. Für mich unvorstellbar.

Auf jeden Fall war Whitechapel also das Armenhaus der Stadt. Eigentlich nicht der Stadt, denn es war damals noch eine eigenständige Stadt. Direkt neben London. Die Tour geht dann von einem Mordschauplatz zum nächsten. Mal ist das Gebäude, vor dem der Mord passiert ist, noch da, mal ist es etwas Modernerem gewichen. 13 Millers Court ist verschwunden. Das war das Gebäude, in dem der fünfte und grausamste Mord geschah. Die 25-jährige Mary Jane Kelly, über die man nicht besonders viel weiß, wurde in ihrer eigenen Wohnung abgeschlachtet. Die anderen Morden wirken nur wie ein Vorspiel, wenn man sich den aufgeschlitzten und ausgeweideten Körper von Mary Jane Kelly anschaut. Hier hatte der Mörder viel Zeit. Alle anderen Morde geschahen ja auf offener Straße. Der Guide hat ein Foto von ihr bei sich. Nach der Tat. Leider gibt es keine Aufnahme von Mary Jane zu Lebzeiten.

Die Tour ist gut gemacht und es wird spannend erzählt. Ich erhalte einen guten Einblick in die Lebensbedingungen in Whitechapel Ende des 19. Jahrhunderts und in das Leben der fünf Frauen. Überrascht bin ich zu hören, dass nur eine von ihnen erwiesenermaßen eine Prostituierte war. Bei allen anderen ist das nur ein Gerücht und es gibt keine Beweise für diese Theorie.

Spannend sind auch die Theorien, wer denn Jack the Ripper eigentlich war. Auch hier gibt es viele Theorien. Verdächtige gab es damals schon. Aber seither haben viele Fans dieser ungeklärten Mordserie ihre eigenen Annahmen veröffentlicht. Viele Briefe wurden geschrieben. Viele gaben sich als Jack the Ripper aus. Es wird vermutet, dass einige davon von Journalisten kamen, denn das schürte die Panik und brachte ihnen neuen Stoff für die nächste Ausgabe. Offenbar hat das Phänomen Serienmörder schon 1888 die Verkaufszahlen in die Höhe schnellen lassen. Einer der Briefe wird bis heute als möglicherweise echt angesehen. Er ist mit roter Tinte geschrieben und in bestem Englisch. Keine Rechtschreibfehler und eine sehr schöne Handschrift. Unterzeichnet mit Jack the Ripper.

Habt Ihr auch Lust bekommen, diesem Mythos mal an Ort und Stelle auf den Grund zu gehen? Ich kann die Tour empfehlen!

Eure Beatrice!

2 Comments

  • Hans-Jürgen sagt:

    Die Graffitis sind toll. Ich wusste nicht, dass London so bunt sein kann. Wahrscheinlich muss man einfach mal vom Buckingham Palast weg spazieren in die Szene-Viertel und dahin, wo es bisschen exotischer zugeht. Ich kann verstehen, dass Jack the Ripper bis heute die Leute in seinen Bann zieht. Natürlich ist das ja psychologisch gut zu erklären. Der erste Serienmörder, der berühmt wurde. Und es gibt 1000 Bücher über ihn. Ob wir wohl jemals herausfinden, wer es wirklich war?

    • Beatrice Sonntag sagt:

      Ja, man denkt sich immer, dass London grau und regnerisch ist. Meistens ist es das aber nicht. Für einen Film über Jack the Ripper würde ich allerdings auch eher eine dunkle regnerische Szene wählen, statt eine mit bunten Graffiti und Sonnenschein. 🙂

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