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Mussawarat as-Sufra – Das vergessene Wunder im Sudan

Mussawarat as-Sufra – Ein Tempel mitten im Nirgendwo

Im Spätherbst 2021 bin ich in den Norden des Sudans gereist, ein wenig abseits bekannter Touristenpfade. Nach Stunden auf staubigen Pisten sind zwischen sanften Sandsteinhügeln irgendwann die alten Mauern von Mussawarat as-Sufra aufgetaucht – ein Anblick, der sofort Ehrfurcht einflößt.

Die Tempelanlage stammt aus der Zeit des antiken Königreichs Kusch. Die Steine sind also etwa 2.000 Jahre alt und bis heute von Rätseln umgeben. Die Dimensionen sind beeindruckend: Weitläufige Höfe, miteinander verbundene Wege und Gänge sowie Rampen bilden ein Labyrinth, das damals möglicherweise als religiöses Zentrum und Pilgerstätte diente. Siedlungsspuren fehlen gibt es nicht. Niemand hat in Mussawarat as-sufra gewohnt. Alles deutet darauf hin, dass Menschen nur zu bestimmten Anlässen hierher gekommen sind.

Das Herzstück ist der Löwentempel, ein Bauwerk, das dem löwenköpfigen Gott Apedemak gewidmet ist. Die Reliefs und Inschriften zeugen von der faszinierenden Götterwelt, in der Löwen und Elefanten eine besondere Rolle gespielt haben. Die Forscher gehen davon aus, dass es in dem heutigen Wüstenland damals diese Tiere überall gab. Tatsächlich finden sich an vielen Wänden tolle Darstellungen von Elefanten – ein Motiv, das in dieser Häufung einzigartig ist und bis heute Archäologen beschäftigt. Ein Mann in einem luftigen weißen Gewand war vor Ort, um besuchern die Reliefs und ihre Bedeutung zu erklären. Da weit und breit keine Gebäude waren, habe ich mich gewundert, wo er her kam und woher er ahnen konnte, dass ich gerade an dem Tag vorbeikommen würde.

Unweit der Tempel liegt der Große Hafir, ein riesiges, von Menschenhand geschaffenes Wasserreservoir. Mit über 200 Metern Durchmesser diente es dazu, in der trockenen Savanne genügend Wasser für große Menschenmengen zu speichern. Die Ingenieurskunst, die hinter dieser Anlage steckt, ist auch nach Jahrtausenden noch beeindruckend. Ich sehe Parallelen zu Ägypten, wo die Ingenieurskunst ebenso fortschrittlich war.

Heute ist Mussawarat as-Sufra Teil des UNESCO-Welterbes. Und das zurecht. Die Stille der Anlage, das Spiel von Licht und Schatten auf den alten Steinen und die Weite der Landschaft lassen die Vergangenheit lebendig werden. Ein Ort, der nicht nur durch seine Größe, sondern auch durch seine Geheimnisse fasziniert. Erstaunlich, dass man noch so wenig weiß über diese spannende Welterbestätte.

Eure Beatrice!

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