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Belfast – Modern, rebellisch, bunt


Belfast – Hippe Stadt nach den Bomben

Belfast hat mich in vielerlei Hinsicht überrascht. Es ist eine abwechslungsreiche Stadt mit einer spannenden Geschichte und einem ganz besonderen Charme, der sich in sehr unterschiedlichen Aspekten zeigt. Die Menschen in Belfast sind – wenn auch schwer zu verstehen – herzlich. Sie haben einen rauen trockenen Humor, der mir sehr gefällt.

Sich in der Stadt zu bewegen, ist einfach und praktisch. Die Bustickets sind nicht teuer und die Innenstadt ist sehr fußgängerfreundlich. Ich war also viel zu Fuß unterwegs, um von einem zum anderen Ende Belfasts zu gelangen. Es lohnt sich, auch die Stadtviertel außerhalb des historischen Zentrums zu erkunden, denn einerseits findet man dort grandiose Graffiti und andererseits diesen rauen Charme der irisch anmutenden Arbeiterviertel aus Backstein. Vor allem in West-Belfast, wo mehr irische als britische oder nordirische Fahnen wehen, ist der rebellische Geist noch zu spüren. Hier lehnen viele die Tatsache ab, dass Nordirland ein Teil von Großbritannien ist. Sie sehen das Königreich noch immer als Kolonialmacht an, auch nach einigen hundert Jahren.

Ich erinnere mich noch genau daran, wie man mir als Kind erklärt hat, dass sich die Menschen in Nordirland gegenseitig in die Luft jagen, weil die einen Katholiken und die anderen Protestanten sind. Nach meinem Besuch in Belfast weiß ich nun viel mehr über die Hintergründe und über den jahrhundertealten Konflikt. In West-Belfast sind die Straßenschilder zweisprachig und die Sympathie für Gaza ist allgegenwärtig.

Die Menschen in Belfast sind aber allesamt glücklich darüber, dass die „Troubles“ am Karfreitag 1998 geendet haben und dass die Waffen seither ruhen. In fast 30 Jahren sind immerhin über 3700 Menschen umgekommen und unzählige verletzt worden. Da heute der Punkt erreicht ist, wo zum ersten Mal in der Geschichte Nordirlands die Katholiken die Bevölkerungsmehrheit bilden, könnte politisch gesehen ein neues Zeitalter anbrechen.

Mein Tourguide in Belfast erklärt das Wachstum der katholischen Bevölkerung mit Immigration, Bildung und Empfängnisverhütung. Wie die Katholische Kirsche zu Letzterem steht, wissen wir ja. Er erinnerte sich mit einem Schmunzeln daran, dass er in den 70er Jahren die Kondomautomaten in Belfast geleert hat und die Dinger am Wochenende in Dublin auf dem Schwarzmarkt für einen satten Gewinn verkauft hat. Dank der Verteufelung von Verhütung durch die Priester könnte es also demnächst ein Referendum in Nordirland geben. Wer weiß. Leider hat das Karfreitagsabkommen nicht definiert, was als Mehrheit gilt, also ob 50% reichen oder ob es doch eher 65% sein müssen. Es bleibt also spannend.

Die Zeiten, in denen Familien 12 Kinder hatten, sind vorbei. Die junge Generation ist gut ausgebildet und wächst in einer friedlichen und weniger religiös geprägten Welt auf. Ein Glück.

Belfast ist auch ein Ort, an dem die Geschichte der Titanic lebendig ist, mehr noch seit ein paar Jahren, denn das neue und moderne Museum ist fertig. Es befindet sich in einem grandiosen Gebäude, das schon von außen ein Knaller ist. Die Tickets für den Besuch der Ausstellung sind maßlos überteuert. Dennoch war einiges interessant. Nach dem Unglück, bei dem über 1500 Menschen ums Leben kamen, hat man zum Beispiel die Regel aufgestellt, dass ein Schiff mindestens so viele Sitze in Rettungsbooten haben muss, wie Passagiere an Bord. Klingt einleuchtend, nicht wahr?

Ich musste die ganze Zeit darüber nachdenken, wie stinksauer ich wohl wäre, wenn ich einen Kahn für einige Millionen bauen würde, an dessen Bau 15.000 Arbeiter beschäftigt waren (von denen auch noch 8 zu Tode kamen), ihn mit drei Millionen Nieten ausstatten würde, ein 100 Tonnen schweres Ruder anbringen lassen würde, 40.000 Eier, 2.500 Kilogramm Würstchen einkaufen würde, 437,5 Gallonen Eiscreme besorgen würde und 15.000 Flaschen Bier… und dann fährt der Kapitän zu schnell, ignoriert die Eisbergwarnungen, hat keinen Feldstecher dabei und fährt das ganze Ding zu Schrott.

15.000 Flaschen Bier! Einfach futsch. Ich würde mich zu Tode ärgern. Des einen Leid, des anderen Freud. James Cameron hat mir der Story Millionen eingenommen. Und Belfast hat ein schönes Thema, um Touristen zu unterhalten. Wäre es makaber, zu behaupten, dass alles auch seine guten Seiten hat? Wahrscheinlich.

Trotzdem. Die Titanic-Story ist irgendwie eine dieser Geschichten, die viele Menschen fasziniert und die auch mich dazu gebracht hat, einen horrenden Eintrittspreis zu diesem Museum zu zahlen.

Ahoi!

Eure Beatrice!

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